Der Horlachgraben ist Teil eines ehemaligen Main-Armes und dient als Vorfluter zur Aufnahme des Regenwassers aus der Kanalisation der Stadt Rüsselsheim. Dieser Graben hat keinen natürlichen Zulauf und ist in 13 Becken unterteilt. Im Jahr 2024 werden nur die ersten drei Becken behandelt. Becken 1 hat eine Länge von 1.013 Metern und eine Breite von 25 Metern. Becken 2 ist unterteilt in zwei Teile, die jeweils rund 180 Meter lang sind; einer ist 19 Meter, der andere 7 Meter breit. Becken 3 ist 1.020 Meter lang und ebenfalls 25 Meter breit. Das gesamte Wasservolumen des Grabens beträgt etwa 120.000 m³.
Im Jahr 2024 bestand die große Herausforderung der enormen Niederschläge. Allein im Mai fiel eine Regenmenge, die 179 % des langjährigen Mittels entsprach, teilweise als Starkregenereignisse. Daurch war zusätzlich eine ständige Überwachung und Anpassung der Behandlung notwendig.
Es werden für die Behandlung des Horlachgrabens speziell konditionierte Bakterien und Sauerstoff eingesetzt. Über ein patentiertes Verfahren werden die Bakterien dazu gebracht, Exoenzyme zu bilden. Diese Enzyme werden benötigt, um komplexe Verbindungen, zum Beispiel im Schlamm, in einfache Verbindungen umzusetzen, da Bakterien nur gelöste Stoffe aufnehmen können. Dieser Prozess wird gezielt gesteuert.
Neben den Bakterien wird Wasser in Form von gelösten Sauerstoff und Nanobubbels ins Wasser eingebracht. Nanobubbels sind sind Blasen kleiner 100 nm und besitzen keinen Auftrieb. Sie verteilen sich in der kompletten Wassersäule. Damit ist auch dort Sauerstoff verfügbar, wo er am dringensten gebraucht wird: am Gewässergrund.
Wirkprinzipien an der Gewässeroberfläche
Wirkprinzipien am Gewässergrund
Das Projekt startete am 26.04.2024 mit einer intensiven Beprobung und Schlammspiegelmessung. Am 02. Mai 2024 erfolgt die erste Einbringung von 6.000 Liter Bakterienprodukt, das zu 98 % aus Wasser, Bakterien und Enzymen besteht. Vermehrt und konditioniert werden die Bakterien für ihren Einsatz in speziellen Braustationen. Dieser Prozess dauert je nach Aufgabenstellung 48, 72 Stunden oder bis zu 9 Tage bei intensiver Sauerstoffzufuhr und einer konstanten Temperatur von 27 °C.
Mit der Behandlung können ausschließlich organische Bestandteile des Schlamms abgebaut werden, also weder Sand noch Lehm. In der Regel besteht der Schlamm am Gewässergrund überwiegend aus organischem Material, das über viele Jahre hinweg durch Laub, abgestorbene Pflanzen, Algen, Ästen und Ausscheidungen von Tieren entstanden ist.
Unabhängig von den Messungen der Auftraggeber führen wir teilweise wöchentlich eigene Schlammspiegelmessungen sowie Schlamm- und Wasseranalysen durch, um unsere Behandlung permanent zu anzupassen und den Behandlungsfortschritt sichtbar zu machen. Wir nutzen für die Schlammspiegelmessungen ein Messrohr, wie es auch in der Abwassertechnik verwendet wird. Dieses Verfahren ist von den Behörden und bei Fachleuten anerkannt und allgemein üblich.
Unsere Schlammspiegelmessungen erfolgen in drei Schritten:
Im ersten Schritt messen wir bis zum Kompaktschlamm, also die Wassersäule inklusive des darüber liegenden Schwebschlamm. Dazu setzen wir das Messrohr vorsichtig auf den Kompaktschlamm auf.
Im zweiten Schritt stoßen wir das Rohr durch den Kompaktschlamm hindurch bis zum Gewässergrund. An der Skala können wir ablesen, wie tief das Rohr eindringt, und diesen Wert mit dem im Rohr befindlichen Schlamm abgleichen. Nach dem Herausziehen des Rohres warten wir, bis sich der Schwebschlamm absetzt und eine klare Trennungslinie zwischen Wasser und Schlamm bildet.
Im dritten Schritt überprüfen wir visuell und analytisch, ob wir den Grund – also Lehm, Sand oder anderes anorganisches Sediment – erreicht haben. Entscheidend ist es, die gesamte Schlammsäule visuell zu prüfen, um sicherzustellen, dass die Messung korrekt ist. Im Zweifelsfalle wiederholen wir die Messung.
Zusätzlich entnehmen wir Tiefenproben, also Sedimentproben unterhalb unseres „normalen“ Messhorizonts, um zu überprüfen, ob wir den Gewässergrund erreicht haben. Auch wenn die Ergebnisse visuell eindeutig sind, werden die Proben immer im Labor auf den Gehalt organischer Masse untersucht. Kann keine oder kaum noch organische Masse festgestellt werden, haben wir unser Ziel erreicht.
Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten in den Becken des Horlachgrabens viele weitere Verfahren getestet und verglichen, haben mit Wissenschaftlern und Fachleuten diskutiert. Wichtig ist uns, die Messwerte unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten abzusichern und nachvollziehbar zu machen.
Durch unser Projekttagebuch erfahren Sie mehr über die Arbeit und die Fortschritte am Horlachgraben.
Datum |
Tätigkeit / Ergebnis |
Laut Berechnungen des Tiefbauamtes der Stadt Rüsselsheim befinden sich in den Becken 1 bis 3 zwischen 100 cm und 140 cm Schlamm. Der überwiegende Teil ist organisch. Die Quelle sind Einträge von Laub und Pflanzenmaterial sowie tierischen Ursprungs. Die Gewässersohle unter dem Schlamm besteht aus Sand und Lehm. |
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23.-26.04.2024 |
Intensive Beprobung und Schlammspiegelmessung; |
28.04.2024 | Installation des 1. BPG Solar-Nanobubblers im Becken 3 |
02.05.2024 |
1. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
08.05.2024 |
2. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
17.05.2024 |
Installation von 4 BPG Solar-Nanobubblern in Becken 1 und 2 |
18.05.2024 |
1. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Reduktion überschüssiger Nährstoffe |
22.05.2024 |
3. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
27.-28.05.2024 |
Beprobung und Schlammspiegelmessung; |
28.05.2024 |
Installation von restlichen 2 BPG Solar-Nanobubblern in Becken 3 |
29.05.2024 |
4. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
Mai 2024 |
Die Niederschlagsmenge im Mai betrug 179 % des langjährigen Mittels. |
05.06.2024 |
5. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
12.06.2024 |
6. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
22.06.2024 |
2. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Reduktion überschüssiger Nährstoffe |
24.-25.06.2024 |
Beprobung und Schlammspiegelmessung; |
26.06.2024 |
7. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
Ab Juli |
Durch weiterhin große Regenmengen Anpassung der Behandlung:
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03.07.2024 |
8. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
13.07.2024 |
Behandlung mit BacBags |
18.07.2024 |
9. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
25.07.2024 |
10. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
31.07.2024 |
11. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
06.08.2024 |
ab der 32. Kalenderwoche 14-tägige Schlammspiegelmessungen und Analysen zur Überwachung der Prozesse Messungen des Kompaktschlammes am Gewässergrund: Der Kompaktschlamm ist der Schlamm, der bei einer mechanischen Entschlammung zum Beispiel durch einen Bagger entfernt werden kann. Darüber befindet sich der Schwebschlamm in der Wassersäule. |
07.08.2024 |
12. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
12.08.2024 |
Die Behandlung wird kontinuierlich an die Analyse- und Messergebnisse angepasst. Ein Solar-NanoBubbler wird aus Becken 3 in Becken 1 umgesetzt; Einbringung von BacBags zur Schwerpunktbehandlung |
13.08.2024 / 14.08.2024 |
Schlammspiegelmessung durch die HPC AG mit folgenden Ergebnissen Becken 1: 55 cm, davon 27 cm Kompaktschlamm Der Kompaktschlamm ist der Schlamm, der bei einer mechanischen Entschlammung zum Beispiel durch einen Bagger entfernt werden kann. Darüber befindet sich der Schwebschlamm in der Wassersäule. |
14.08.2024 |
13. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
21.08.2024 |
14. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
28.08.2024 |
15. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
03.09.2024 |
Es ist eine deutliche Veränderung bei den Verhaltensweisen der Fische und Krebse festzustellen, die Tiere sind deutlich mobiler; Die Sichttiefe im Becken 2 und 3 beträgt 74 cm und im Becken 1 70 cm, gemessen mit einer Secchi-Scheibe |
04.09.2024 |
16. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
11.09.2024 |
17. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
18.09.2024 |
19. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
23.09.2024 |
Beprobung des Bodens unter dem Messhorizont der Schlammspiegelmessung. Dadurch kann überprüft werden, dass tatsächlich der Gewässerboden erreicht wurde und weitgehend nur noch anorganisches Material am Gewässergrund vorhanden ist. Es werden Proben genommen, um den visuellen Eindruck auch im Labor zu überprüfen. |
25.09.2024 |
20. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
26.09.2024 |
Aktuelle Schlammspiegelmessungen zeigen eine weitere Reduktion des organischen Materiales am Gewässergrund: Becken 1: 44 cm, davon 19 cm Kompaktschlamm Der Kompaktschlamm ist der Schlamm, der bei einer mechanischen Entschlammung zum Beispiel durch einen Bagger entfernt werden kann. Darüber befindet sich der Schwebschlamm in der Wassersäule. |
02.10.2024 |
21. Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
09.10.2024 |
22. und letzte Behandlung mit 6.000 Liter Bakterienprodukt zur Schlammreduktion |
16.10.2024 |
Der Schlammabbau hat sich weiter fortgesetzt. Die Schlammspiegelmessungen zeigen einen weiteren Schlammabbau: Becken 1: 32 cm, davon 13 cm Kompaktschlamm Trotz der Herbstzirkulation, der natürlichen Umschichtung des Gewässers durch den Ausgleich der Wassertemperaturen, bleibt die Sauerstoffsättigung in den oberen Bereichen des Gewässerkörpers überwiegend stabil. Es ist ein Zeichen dafür, dass sich die Becken in einem natürlichen Gleichgewicht befinden. |
Im Horlachgraben in Rüsselsheim hat sich in den letzten Monaten viel verändert. Bei regelmäßigen Besuchen der Becken 1 bis 3 konnten immer wieder Veränderungen festgestellt werden. Das Wasser wurde von Zeit zu Zeit klarer, trübte sich jedoch regelmäßig wieder ein. Teilweise bildete sich eine Schicht an der Wasseroberfläche, die später wieder verschwand. Grund dafür war der Schlamm am Gewässergrund, der sich durch die Exo-Enzyme und Bakterien auflöste. Das organische Material wurde anschließend von den Bakterien verstoffwechselt. Inzwischen liegen die Sichttiefen bei 74 cm. Zu Beginn der Behandlung waren es je nach Becken zwischen 30 und 40 cm. Damit wurde nicht nur der organische Schlamm abgebaut, sondern auch die Wasserqualität deutlich verbessert. Frisch eingetragenes Material, wie Äste und frische Blätter, können mit dem Verfahren nicht abgebaut werden. Das ist erst in den Folgejahren möglich, wenn bereits ein gewisser Zersetzungsgrad erreicht ist. Dieser Prozess läuft aber nun ebenfalls schneller ab.
Während der gesamten Zeit wurde die Behandlung immer wieder angepasst. Es wurde regelmäßig gemessen und analysiert. Die Behandlung erfolgt wöchentlich und wird am 09.10.2024 abgeschlossen sein. Die Solar-NanoBubbler bleiben noch bis Ende Oktober in Betrieb.
Es ist ein Meilenstein in der Anwendung umweltfreundlicher Technologien: Die erste Solar-Nanobubbler-Plattform schwimmt seit dem 28.04.2024 auf dem Horlachgraben in Rüsselsheim. Weitere sechs Anlagen werden bis Ende Mai folgen.
Entwickelt wurde diese innovative Technologie von der BluePlanet Germany GmbH in Kooperation mit Moleaer Inc., dem globalen Marktführer in der Nanobubble-Technologie. Weitere Partner dieses Projekts sind Wakeunion und der Elektrikermeister Norbert Fabian aus Neukirch, deren Fachkenntnisse und Engagement zum Erfolg beigetragen haben.
Die hocheffizienten Solar-Nanobubbler-Anlagen sind eine echte Innovation: Sie erzeugen mit einer beeindruckenden Übertragungsrate von bis zu 85% Luftsauerstoff ins Wasser. Die Technik ermöglicht es, Gewässer auf eine besonders effiziente und umweltschonende Weise mit Sauerstoff anzureichern. Strom ist dafür nicht erforderlich.
Dank der modernen Fernüberwachungstechnologie haben wir stets einen genauen Überblick über die Funktion und Leistung der Anlagen. Das garantiert eine ständige Kontrolle und die Sicherheit der Technik.
Voraussetzung für die Nutzung der Solar-Nanobubbler-Plattformen ist eine ausreichende Sonneneinstrahlung.
Erfahren Sie mehr über die jüngsten Berichterstattungen und bleiben Sie auf dem Laufenden über die neuesten Entwicklungen:
Bakterien gegen Schlamm, RTL Hessen, 13.05.2024
Bakterien fressen Schlamm, Hessenschau, 04.05.2024
Rüsselsheim ist Vorreiter bei Gewässersanierung, Lamperheimer Zeitung, 02.05.2024
Mit Bakterien gegen Verschlammung, Rüsselsheimer Echo, 03.05.2024
Weniger Schlamm im Wasser, Rüsselsheimer Echo, 03.05.2024
Kommentar: Rüsselsheim als Vorbild bei Gewässersanierung, Rüsselsheimer Echo, 03.05.2024
Mit Nano-Bläschen und Bakterien gegen Horlache-Verschlammung, Bürstädter Zeitung, 02.05.2024
Beitrag über den Einsatz von „Bakterien gegen Schlamm“ - RTL Hessen - 13.05.2024
Beitrag über den Einsatz von „Bakterien gegen Schlamm“ - RTL Hessen - 08.09.2023